Tabletop Hobbyblog

40K und Tabletop-Skirmisher

Anfang 2014 hatte meine 40K-Begeisterung einen Dämpfer bekommen. Das hing mit dem neuen Tyranidenkodex zusammen, der einem kompetitiven Spieler viel mehr Optionen hätte bieten können und müssen. In der Zwischenzeit haben sich allerdings die meisten Spieler mit dem Kodex arrangiert, die 7. Edition hat auch einiges zum Positivem verändert und vor allem hat die Tyrannocyte ganz neue Spielmöglichkeiten eröffnet. Außerdem können Tyranidenspieler auf eine Fülle von Formationen zurückgreifen. Generell bin ich von den Formationen nicht unbedingt begeistert, weil diese, wie ich finde, die Armeezusammenstellung unnötig kompliziert machen und ich in der Zwischenzeit, bedingt durch die vielen Veröffentlichungen, den Überblick verloren habe.

Aber zurück zum Ausgangspunkt, meiner 40K-Resignation Anfang des Jahres. Die hat dazu geführt, dass ich mich gefragt habe: Welche Tabletop-Spiele gibt es überhaupt so? Manchmal kommt es mir so vor, als ob ich als 40K-Spieler eine gewisse Betriebsblindheit entwickelt habe. Ist es, weil ich schon zu viel Zeit und Geld in das System investiert habe, um auch noch andere Systeme auszuprobieren?

Nichtsdestotrotz begann ich, jedes Spiel, das irgendwo gespielt wurde, auszuprobieren oder wenigstens anderen Spielern zuzuschauen. Und ich bin immer noch nicht fertig damit. Ich habe schnell festgestellt, es gibt eine Vielzahl interessanter Tabletop-Spiele. Ich frage mich, warum ich nicht schon viel früher anderen Spielsystemen mehr Beachtung geschenkt habe. Warum probiere ich nicht ein anderes Spielsystem, komplett mit Regelbuch und Einsteigertrupp, aus, anstatt eine neue Schwarmdrude zu kaufen? Es sollte nicht am Preis oder an der Qualität der Modelle liegen, denn die meisten Tabletop-Systeme sind insgesamt preiswerter als Warhammer, weil man viel weniger Modelle benötigt, und es gibt mittlerweile sehr viele hochwertige Modelle mit guten Regelwerken. Natürlich muss man den jeweiligen Hintergrund mögen. Ich persönlich kann mich nicht mit Flames of War oder vergleichbaren Settings (Dust Tactics, Bolt Action usw.) anfreunden – es macht mir einfach keinen Spaß, Truppen und Panzer aus dem 2. Weltkrieg zu sammeln, zu bemalen oder zu spielen. So muss jeder das finden, was ihm zusagt.

Die größte Hürde ist es, so scheint es zumindest, Spieler anderer Tabletopsyteme zu finden oder Warhammer-Spieler zu motivieren, ein neues System auszuprobieren. Der Mensch entwickelt unweigerlich seinen persönlichen Habitus und ist neuem gegenüber erst einmal kritisch eingestellt. Vielleicht stöhnt so mancher 40K-Spieler auch deshalb so unter der massiven Veröffentlichungswelle von GW. Der absolute Vorteil, den 40K derzeit gegenüber anderen Spielsystemen in Deutschland besitzt, ist die ausgeprägte Turnierszene. Es ist vergleichsweise einfach, ein 40K-Turnier in der näheren Umgebung zu finden, und immer wieder interessant. Am ehesten vergleichbar mit der 40K-Turnierszene sind noch die Turnierszenen für Hordes/Warmachine und Flames of War. Beide Systeme sind aber ähnlich teuer wie Warhammer. Da ergibt sich für mich persönlich als Warhammer-Spieler kein offensichtlicher Mehrwert. Skirmisher-Systeme können jedoch Warhammer-, Hordes/Warmachine- und Flames-of-War-Spielern einiges an Mehrwert bieten.

Für das gemütliche Spiel nach der Arbeit oder am Wochenende bevorzuge ich in der Zwischenzeit andere Systeme als 40K. Das hat mehrere Gründe: Ausgewogenheit, Spielgröße und –dauer.

Ausgewogenheit: An GW-Systemen wird oft die Unausgewogenheit der Regeln kritisiert. In Sachen Ausgewogenheit wäre bestimmt einiges zu verbessern, obwohl GW es verstanden zu haben scheint, dass sie nicht nur Kodexe des Eldar- oder Tau-Kalibers veröffentlichen können. Die neuen Kodexe sind bei weitem nicht mehr so stark, leider aber auch nicht sehr abwechslungsreich. Ein ungeschriebenes Gesetz ist es, dass neue Modelle auch gute Regeln besitzen müssen, damit sie gekauft werden, bzw. dass mit jedem Kodex andere Einheiten gepusht werden. Es verwundert also nicht, dass das mit Abstand stärkste Armeekonzept der Tyraniden auf Flugtyranten, Schwarmdruden und Harpyien basiert. Neuerdings auch auf einer Kombination mit den neuen Tyrannocyten. Danach kommt erst einmal lange nichts. Es reizt mich einfach, dass ich bei anderen Spielsystemen, wie z.B. Malifaux und Bushido, fast ausschließlich Modelle nach ihrem Aussehen kaufen und damit trotzdem eine schlagkräftige Truppe aufstellen kann. Das ist bei 40K absolut nicht der Fall. Spieler mit mehreren Tausend Punkten können trotzdem oft keine schlagkräftige Turnierarmee aufstellen. Das will etwas heißen! Ich selbst bin in den Besitz einer 3000+ Punkte Space-Marine-Armee gelangt. Um auf Turnieren bestehen zu können, müsste ich trotzdem mehrere 100 Euro investieren.

Trotz dieser mangelnden Ausgewogenheit bevorzuge ich es, 40K auf Turnieren zu spielen. Dies mag verwundern, hat aber einen einfachen Grund. Auf Turnieren sind sämtliche Bedingungen vorgegeben und alle Spieler, die das Turnier besuchen, haben sich auf diese eingelassen bzw. verständigt. Im privaten Umfeld bzw. der Spielergruppe muss dieser Konsens erst vor jedem Spiel mühsam hergestellt werden („Wie spielen wir denn heute? Alte Missionsregeln, Mahlstrom oder eine Kombination? Wie viele AOPs, Verbündete, Formationen, Forgeworld, Lords of War …?“). Im privaten Umfeld finde ich es allerdings problematisch, jemandem den Gebrauch von Modellen, die er sich für teures Geld gekauft und bemalt hat, zu verbieten. Dieser fehlende Konsens erschwert es ungemein, spontan ein Spiel zu spielen. Außerdem sind viele Match-ups einfach von vornherein aussichtlos, sofern der Gegner nicht grobe Fehler macht. Turnierspieler müssen versuchen, sich auf möglichst viele gegnerische Armeekonzepte einzustellen, aber selbst die stärkste Liste kann nicht alles, und auf einem Turnier kann es immer passieren, dass diese gekontert wird.

Die Spielgröße: Der Vorteil von Skirmisher-Systemen ist, dass man für diese weit weniger Modelle benötigt als für 40K. Bei Tyraniden nehmen diese Modelle in der Zwischenzeit auch noch einen Umfang an, der jeden Transportkoffer sprengt. So können Skirmisher-Systeme eine schöne Abwechslung zu 40K bieten. Für 40K-Spieler sind solche Spiele, was ihre Größe betrifft, am ehesten vergleichbar mit Killteam. Der große Unterschied ist aber, dass Killteam einfach eine Adaption von 40K ist, während die Regeln für Skirmisher-Systeme, wie z.B. Malifaux oder Bushido, von vornherein für das jeweilige Spiel konzipiert wurden und es somit mehr taktische Elemente, Spieloptionen und Synergien gibt.

Die benötigten finanziellen Mittel für den Einstieg in Skirmisher-Systeme sind für Warhammer-Spieler vergleichsweise gering. Das hat zur Folge, dass man viel einfacher in das Spiel einsteigen kann, da man schneller seine Fraktion oder Bande zusammengestellt und angemalt hat. Es bleibt mehr Zeit zum Spielen. Die Größe des Spiels hat auch Einfluss auf die Kosten. Damit meine ich nicht unbedingt, dass die Kosten pro Modell geringer sind als bei 40K-Produkten, da man aber generell weniger Modelle zum Spielen benötigt, ist der Einstieg in das Spiel vergleichsweise günstig. Die Einstiegskosten bewegen sich zwischen 50 und 100 Euro. Die geringe Anzahl benötigter Modelle ermöglicht es auch, diese problemlos überallhin mitzunehmen und loszuspielen. Meine Tyranidenarmee lässt sich in der Zwischenzeit eigentlich nur noch mit dem Auto transportieren.

Spieldauer: Je nach Punktgröße, Spielsystem und Vertrautheit mit den Regeln dauern Skirmisher-Spiele einfach nicht so lange wie Warhammer-Partien (1500 –2000 Punkte). Das ist besonders auch für Berufstätige mit Familie oder generell für Leute mit wenig (Frei-)Zeit gut, weil man so durchaus auch ein paar Partien an einem Abend in der Woche spielen kann. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber nach der Arbeit habe ich wenig Lust auf eine Warhammer-Partie. Das wäre mir schlicht zu anstrengend. Da bleibt zwangsläufig nur das Wochenende für 40K.

Die Skirmisher Malifaux und Bushido haben mich persönlich begeistert. Nicht nur das Missionsdesign ist abwechslungsreich, auch das Spiel selbst ist viel flüssiger als 40K. Anders als bei 40K werden bei Malifaux und Bushido Modelle abwechselnd aktiviert, nicht die gesamte Armee bzw. Bande auf einmal. Das hat zur Folge, dass man nicht wie bei 40K eine halbe Stunde warten muss, bis der Gegner fertig ist, sondern man bleibt ständig aktiv. 40K spielt sich dementsprechend langsamer. Ein flüssiges Spieldesign, in dem die Spieler abwechselnd Modelle oder Einheiten aktivieren, ist meines Erachtens taktisch anspruchsvoll, weil es dabei viele Faktoren zu berücksichtigen gibt. Wie wird mein Gegenüber z.B. reagieren, wenn ich Modell A zuerst aktiviere? Wie reagiert er, wenn ich stattdessen Modell B zuerst aktiviere? Warhammer 40K hat immer das Problem, dass der Spieler, der anfängt, im Vorteil ist. Dies ist bei Skirmishern nicht der Fall. Vielleicht wäre es eine interessante Idee, 40K-Einheiten abwechselnd zu aktivieren…

Zusammenfassung:

Für das Jahr 2015 werde ich mich, was Warhammer 40K angeht, weiterhin auf Tyraniden konzentrieren und mit ihnen 40K-Turniere bestreiten. Vielleicht werde ich auch meine Dark Eldar mit Eldar-Verbündeten reaktiveren. Für den entspannten Spieleabend werde ich Malifaux und Bushido (sowie ein bisschen Blood Bowl und Saga) bevorzugen. Skirmisher-Systeme bieten eine gute Möglichkeit, auch dann spielen zu können, sollte man keine Zeit für 40K haben. Skirmisher sind deshalb eine gute Ergänzung zu 40K. Ausgewogenheit, Spielgröße und -dauer vereinfachen den Einstieg und erhöhen den Spielspaß.

So möchte ich 2015 auch anderen Spielsystemen mehr Beachtung schenken. Ein kleines Problem besteht vielleicht darin, Spieler für die verschiedenen Systeme zu finden. Auch deshalb möchte ich Skirmisher-Systeme ins Rampenlicht heben. Ich habe mir also gleich verschiedene Banden für Malifaux and Bushido zugelegt, um andere Spieler auf eine Partie einladen zu können. In der Zwischenzeit habe ich Spieler in Bremen gefunden. Interesse Malifaux oder Bushido auszuprobieren?! Dann bist du herzlich auf eine Partie eingeladen. Schreibe einfach einen Kommentar und ich melde mich.

Mit freundlichen Grüßen

-kleiner gargoyle

2 Antworten

  1. Du sprichst mir aus der Seele.
    Der (stellenweise) schon recht enttäuschende Tyraniden-Codex hat mich auch dazu bewogen, über den Tellerrand zu schauen.
    Mein Blick ging in Richtung Malifaux und Infinity, die ich beide sehr interessant finde.
    Hätte GW nicht in der zweiten Hälfte des Jahres 2014 so viele den Codex „optimierende“ Neuheiten für die Käfer rausgebracht, wäre bestimmt die neue Infinity-Box meine nächste Anschaffung gewesen.
    Glück gehabt, GW 😉

    Danke für den schönen Artikel und weiterhin viel Spaß beim Püppchenschubsen =)

    8. Januar 2015 um 9:36

  2. Tim Zoat

    Sehr guter Artikel! Das mit den Transportproblemen bei den Tyraniden und die ganzen anderen Faktoren Spiellänge und so betreffend sprechen mir aus der Seele.
    Würden wir nicht im Moment in unserem Club eine umfassende Kampagne mit selbst ausgearbeitetem Hintergrund spielen, wäre ich auch nur für Turniere draußen zum Spielen.

    Ich hab mir an Skirmishern Freebooters Fate und Infinity mal angesehen, das erstere hat mich sogar zu einer 10 Mann starken Armee überzeugt. Besonders wenn die Spiele ein ungewöhnliches Setting haben, wie Bushido, reizt mich das sehr.
    Von Hamburg nach Bremen zu fahren lohnt sich leider nicht für kleine Spiele (ein Punkt für Turniere), sonst wäre ich gerne dabei.

    8. Januar 2015 um 7:45

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